Korrespondenzen (im Aufbau)
Brief von Otto Dix an das Kulturamt Gera, 1947
Dix intervenierte 1947 mit Erfolg gegen den Titel einer ersten Bilanzausstellung der zeitgenössischen Kunstszene seiner Vaterstadt Gera nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Aus „Geraer Maler stellen zur Diskussion“ wurde „Geraer Maler stellen zur Schau“. Der Brief ist eines der seltenen kunsttheoretischen Statements des wortkargen Künstlers.
[Kunstsammlung Gera, Dix-Archiv]
an das Kulturamt Gera, 1947

Ich schrieb Ihnen schon neulich daß ich nicht gewillt bin meine Bilder „zur Diskussion zu stellen“! Wir haben nun in Deutschland jahrelang die Stimme des Volkes über künstlerische Dinge gehört und wie wenig ist über das wahre Wesen der Kunst dabei herausgekommen. Diskussionen laufen darauf hinaus, daß jeder Spießbürger und jeder „Blinde“ seine kleinen Wünsche anbringen möchte. Jeder glaubt zu wissen wie Kunst sein sollte. Die wenigsten haben aber den Sinn, der zum Erleben von Malerei gehört, nämlich den Augensinn. Und zwar ein Augensinn der Farben und Formen als lebendige Wirklichkeiten im Bilde sieht Denn nicht die Gegenstände sondern die persönliche Aussage des Künstlers über die Gegenstände ist wichtig im Bild. Also nicht das Was sondern das Wie. Nicht laute Diskussion, sondern schweigend. Bescheidenheit ist das erste das der Künstler vom Betrachter verlangt. Denn das, was am Kunstwerk erklärbar ist, ist wenig, das Wesentliche an ihm ist nicht erklärbar sondern allein schaubar.